05.03.2012 | Frankfurt/Main - "Die IT- und Telekommunikationsbranche wächst, aber die Beschäftigten profitieren nur zum Teil davon", sagte Christiane Benner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, am Montag in Frankfurt. Die IG Metall veröffentlicht anlässlich der CeBIT jährlich eine fundierte Entgeltanalyse für die IT-Branche. Besonders auffällig bei den diesjährigen Ergebnissen ist die Rolle von Tarifverträgen.
Während die Gehälter in den Betrieben ohne Tarifvertrag nur um 0,5 Prozent gestiegen sind, haben sie sich bei den Betrieben mit Tarifvertrag um rund 2,4 Prozent erhöht. Im Durchschnitt ergibt sich über alle untersuchten Unternehmen und Jobs eine Steigerung der effektiven Jahresgehälter um etwa 2,2 Prozent. "Nur in tarifgebundenen Unternehmen ist eine angemessene Beteiligung der Beschäftigten am Erfolg der Unternehmen gelungen", sagte Benner.
Klare Erhöhungen gab es im kaufmännischen Bereich um bis zu 4 Prozent plus für Controller, bei HW-Entwicklern um 2,9 Prozent. Moderat erhöhten sich die Gehälter in den Bereichen Software Engineering um 2,2 Prozent, Beratung/Consulting um 2,1 Prozent und Vertrieb um 1,4 Prozent. Nahezu unverändert blieben die Gehälter im Bereich Marketing und bei Call-Center-Agents.
Die ITK-Branche ist insgesamt gut durch die Krise gekommen, Wachstum und Beschäftigung waren stabil. Für 2012 sagt der IT-Branchenverband Bitkom trotz weltweiter Finanzkrise ein Wachstum um 2,2 Prozent und einen neuen Umsatzrekord voraus. Grund dafür sind unter anderem neue technologische Entwicklungen wie Cloudcomputing und die zunehmende Bedeutung der Informations- und Telekommunikationstechnologie sowie von IT-Services im Consumerbereich und in klassischen Industriezweigen, vom Energiesektor bis zur Automobilindustrie. "Allein Green-IT birgt Riesen-Potenziale", sagte Benner.
Für die Beschäftigten zeigen sich aber auch deutlich die Schattenseiten des Erfolges: Überstunden und lange Arbeitszeiten sind durch Projektarbeit und Termindruck in vielen Bereichen der Branche an der Tagesordnung. Das Arbeiten unter ständigem Zeit- und Leistungsdruck gehört zu den am häufigsten genannten Belastungen in der ITK-Branche. "Der Erfolg der Branche muss deutlicher bei den Beschäftigten ankommen. Dazu gehört neben einer angemessenen Gehaltsentwicklung auch gute Arbeit für ein gutes Leben, also mehr Zeitsouveränität, gesundheitsförderliche Arbeitszeiten statt belastendem Arbeitsdruck. Dafür setzt sich die IG Metall ein. Vereinbarkeit von Arbeit und Leben muss auch in der IT-Branche möglich werden", sagte Benner.
Kritisch bewertet die IG Metall die Situation am Ausbildungsmarkt. Zwar sei 2011 die Zahl der betrieblichen Ausbildungsangebote nach einem Rückgang im Vorjahr um 8,9 Prozent gestiegen, dies reiche aber bei Weitem nicht aus. Benner bedauerte, dass die IT-Branche für junge Frauen an Attraktivität verliere. "Es wählen immer noch zu wenige Frauen einen Ausbildungsplatz in dieser wachsenden Branche." Der Frauenanteil bei den Auszubildenden liegt bei nur noch 8,4 Prozent. Die ITK-Betriebe müssten insgesamt mehr ausbilden und mehr in die Weiterbildung der Mitarbeiter investieren. Nur so könne die Branche im internationalen Wettbewerb bestehen, betonte Benner.
Die Gehaltsanalyse der IG Metall bietet auf breiter empirischer Grundlage eine Übersicht über die tatsächlich gezahlten Jahresbruttoentgelte tarifgebundener und nicht-tarifgebundener Unternehmen. Hierzu wurden verschiedene ITK-typische Tätigkeiten insgesamt 74 verschiedenen Jobs in 16 Jobfamilien zugeordnet und rund 28.200 Daten aus 132 Betrieben ausgewertet. Zudem bietet die Analyse durch einen Langzeitvergleich einen guten Überblick über die jeweilige Job-Entwicklung der letzten 10 Jahre.